Lust und Männer – passt das zusammen? Und wie sieht Männerlust aus?

Im Volksmund ist männliche Sexualität meistens sehr einfach gestrickt. Und hält sich so hartnäckig in den Medien und Stammtischen. Doch Menschen sind nicht einfach, sondern komplizierte Wesen, die manchmal auf sehr einfache, fast banale Weise reagieren – sofern sie im “naturbelassenen” Zustand sind, sprich vor ihrer Erziehung. Männliche Lust – damit beschäftigen sich die Autoren Saleem Matthias Riek und Rainer Salm in ihrem neuen Buch “Lustvoll Mann sein“. Aus unterschiedlichen Richtung kommend sind sie der Frage nach der Lust im Manne nachgegangen und haben mittels Interviews ein wenig Verortung männlicher Lust betrieben.

Expeditionen ins Reich männlicher Sexualität

Aus Ihrer Einführung zum Buch: ”

„Bist du ein normaler Mann?“ Mit dieser – möglicherweise bereits irritierenden – Frage haben wir jeweils unsere Gespräche mit den Männern begonnen. Aber was ist denn schon normal? Stimmt das verbreitete Klischee von der einfach strukturierten Lust der Männer, die immer nur das Eine wollen, für die ihre eigene Geilheit wichtiger ist als die Person, Sex wichtiger als Beziehung? Die möglichst schnell eindringen wollen, um dann in einer steilen Erregungskurve den Orgasmus als Ziel und Ende des Akts anzusteuern?

„Was macht Sex für dich erfüllend?“ Auf diese Frage erhielten wir so vielfältige Antworten – häufig noch unterschieden nach Lebensphasen –, dass die Vorstellung von einer einfachen oder auch nur allen Männern gemeinsamen Sexualität vollkommen abwegig anmutet – oder doch zumindest wert ist, sie näher zu überprüfen.

„In welchen Körperregionen erlebst du Lust, Erregung und Orgasmus?“, „Wie hast du Sex mit dir selbst?“, „Wie erlebst du deine Sexualität im Spannungsfeld von Treue und Freiheit?“, „Wie erlebst du Kinderwunsch und Verhütung?“, „Wo siehst du dich im Spektrum von hetero-, bi- bzw. homosexuell?“, „Wie erlebst du dich in Rollen wie Eroberer oder Bittsteller, Macho oder Softie?“, „Gibt es für dich eine Verbindung von Sex und Spiritualität?“: Solche Fragen dienen in unseren Gesprächen nicht einer objektivierenden Fallunterscheidung, und sie werden auch selten eindeutig beantwortet. Sie öffnen die Wahrnehmung für mögliche Entwicklungswege und führen in die Tiefe des jeweils einzigartigen Erlebens dieses Mannes. Dass sie in diesen und ähnlichen Fragen nicht entschieden, sondern immer noch auf der Suche sind, haben unsere Gesprächspartner weitgehend als Lustquelle entdeckt, die über sexuelle Lust hinausgeht.

Bei diesem Buch handelt es sich nicht um einen Ratgeber, wie Sie ein besserer Liebhaber werden. Dies ist auch kein Buch über den neuen Mann. Unsere Gesprächspartner sind keine Helden, keine Krieger und keine Casanovas, auch wenn sie dies manchmal vielleicht gern wären. Sie sind einfach Männer, vielleicht sogar ganz normale Männer, die sich irgendwann in ihrem Leben über althergebrachte Grenzen männlicher Sexualität hinausgewagt haben, dabei verschiedene Wege einschlugen und manchmal ähnliche, manchmal auch sehr unterschiedliche Erfahrungen machten.

Die Gespräche wurden – in der Intensität oft überraschend für beide Seiten – zu einer Selbsterforschung auf dem Terrain von Liebe, Erotik und Sex. Herausgekommen sind keine Patentrezepte, sondern spannende Reiseberichte, die anderen Männern Mut machen, ausgetretene Pfade ihrer gewohnten Sexualität zu verlassen und nicht nur den Vorgarten, sondern weite Landschaften von Erotik und Sex zu erkunden.
Wir würden uns freuen, wenn auch das Lesen zu einer Art Selbsterforschung anregt, denn die von unseren 15 Männern gefundenen Schlüssel der Befreiung und Entwicklung sind kaum für andere kopierbar. Manche der skizzierten Wege werden Ihnen weder gangbar noch erstrebenswert erscheinen, Sie aber vielleicht dazu anregen, sich ihres eigenen Weges bewusster zu werden und gegebenenfalls tatsächlich Neues auszuprobieren.

Wir schreiben dieses Buch in erster Linie für Männer, die – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung – nach Anregungen suchen, wie sie ihre Sexualität, ihre Beziehungen und ihr Mannsein erfüllender gestalten können. Es wäre allerdings eine höchst willkommene Nebenwirkung, wenn dieses Buch auch von einer Fachöffentlichkeit in Medien und Sexualwissenschaft zur Kenntnis genommen würde. Wir präsentieren hier vielfältige Belege dafür, dass die Komplexität und der Facettenreichtum männlicher Sexualität bisher unterschätzt wurde, und zwar nicht nur in der Bevölkerung im Allgemeinen, sondern auch in Fachkreisen. Manche Männer-Ratgeber begrenzen ungewollt die Entfaltung von Männern, indem ihre Anregungen von einem zu einfachen Bild männlicher Sexualität ausgehen.

Obwohl wir dieses Buch nicht mit Blick auf Frauen schreiben, freuen wir uns, dass viele Frauen bereits im Vorfeld ihr Interesse an unserem Projekt signalisiert haben. Besonders interessant für Frauen dürfte sein, dass Männer hier unter sich reden und sich weitgehend unbeobachtet fühlen. Sie überprüfen ihre Aussagen weniger als sonst darauf, ob Frauen sie akzeptabel finden. Dies bietet Ihnen, liebe Leserinnen, eine Chance, aber auch ein Risiko. Die unverblümte Direktheit mancher Aussagen kann Gefühle und Reaktionen hervorrufen, angenehme wie unangenehme, teilweise auch sehr heftige, wie wir von Testleserinnen erfahren durften. Die Versuchung könnte groß sein, unangenehmen Gefühle durch Abwertung eines einzelnen oder gar aller Männer zu begegnen. Aber dann wäre nur das bestätigt, was Sie vorher schon wussten: Männer sind Ihnen fremd. Wirklich Neues über Männer werden Sie erfahren, wenn Sie gleichzeitig eine Neugier auf sich selbst mitbringen: Was erzählen mir meine Reaktionen auf diese Männer über mich selbst? So wie diese Männer weniger auf der Suche nach besseren Frauen, sondern nach sich selbst sind, können auch Sie durch eine Neugier auf sich selbst den größten Gewinn aus diesem Buch ziehen.”

Wenn Sie mehr zum Thema lesen möchten – es lohnt sich. Ebenfalls sehr lesenswert – das Vorwort von Prof. Dr. Ulrich Clement dazu.

0

Keine Kommentare vorhanden

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert *
Sie können diese HTML-Tags und Attribute <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong> nützen.
Suche