Was hat eine Lüge mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun?

Was hat eine Lüge mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun?

Letztens bin ich über einen kurzer Artikel im Spiegel gestolpert. Thema war eine Umfrage zur Ehrlichkeit. Die Umfrage hat mich ehrlicherweise etwas geplättet. Die Eingangsfrage war, zu welchen Menschen die Befragten am gestrigen Tag unehrlich waren, selbst wenn es zum Guten war? Die Ergebnisse: 44,4% waren unehrlich zu Bekannten, 34,2% zum Partner, 33,4% zu Arbeitskollegen, 28,1% zu engen Freunden und 19,2% zu Vorgesetzten. Im Mittel stand dann im Raum: 58% der Deutschen lügen täglich. Aber was hat nun eine Lüge mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun?

Ich lüge, weil ich mich vor Verantwortung drücke!

Genau darum geht es. Ich lüge, weil ich mich um die Verantwortung drücke, eine andere Meinung zu haben. Oder weil ich etwas nicht getan habe, was ich hätte tun sollen. Sprich, ich fürchte mich vor den Konsequenzen. Und bin nicht bereit, eben diese zu tragen. Die Gegenfrage – was ist so schlimm daran, ehrlich zu sein? Und das hat wiederum mit der Persönlichkeit zu tun. Bin ich innerlich so gefestigt, dass ich auch eine andere Meinung vertreten kann? Dass ich einen anderen Lebensentwurf habe, als andere Menschen in meinem Umfeld?

Und was ist so schlimm daran, dass ich bestimmte Sachen vergessen habe? Oder etwas nicht geschafft habe? Hängt das mit dem eigenen Drang zur Perfektion zusammen. Oder mit dem angenommenen Postulat in meinem Umfeld, dass alles perfekt sein muss? Ich weiß es nicht. Tatsache mich mich ist nur, dass ich bei jeder Lüge auch eine Selbstverleugnung starte. Ich rücke nicht mit meiner Wahrheit heraus? Als erwachsener Mensch. Weiter gefasst kann ich tiefer gehen – wie alt ist denn derjenige, der gerade lügt? Ist das ein Verhalten, das ich mir als Kind mit 4 – 10 Jahren angewöhnt habe, weil alle anderen mächtiger waren? Und hat es heute noch Platz in mir? Heute – wo ich erwachsen und selber mächtig bin? Und – wie oft lüge ich mich selbst an, mache mir etwas vor und bin in anderen Sphären?

Vielleicht eine spannende Nebenbeschäftigung – öfters mal darüber nachdenken, wann ich das letzte Mal gelogen habe? In welchem Kontext war das und wie habe ich mich dabei gefühlt?

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1 Kommentar

  1. Christine Struss
    1. April 2020 at 11:45

    Hallo Volker,
    Ein sehr interessanter Beitrag,
    Ich glaube, seit ich erwachsen bin, hat niemand, in meinem nahen Umfeld, nicht deutlich gesagt bekommen das ich mit vermeintlichen Fehlern = Problemen jedweder Art, besser sein kann denn mit einer Lüge.
    Das hab ich auch versucht konsequent zu leben und meinen Kindern beizubringen.
    Versucht? Ja versucht! Ich bin auch nur ein Mensch….und es ist mir weitestgehend gelungen weil ich mit dem lügegefühl ganz schlecht schlafen konnte.
    Jetzt hab ich 12 Jahre mit einem Partner verbracht für den Lügen zum Alltag gehörte, nicht weil er böse war, sondern weil er jeder Auseinandersetzung oder nochsokleinen Stellungnahme aus dem Weg gehen wollte. Ich habe mich schlecht und schuldig gefühlt, und immer gedacht ich mache Fehler , aber ich glaube nach abstandnahme und von außen betrachtet, sind wir beide “am Rande der Gesellschaft”
    Ich habe sowohl privat als auch beruflich immer ehrlich zu sein und bin damit oft angeeckt, auch als ich gelernt hatte meine Meinung oder mein Verhalten einfach nur zu verschweigen, manche Dinge die als offiziell ethischmoralische Standpunkte gelten und dann aber in meinem Umfeld mit Füßen getreten wurden, könnte und wollte ich nicht schweigend hinnehmen und tu es heute noch nicht.
    Das allein ehrlich zu sagen wo etwas nicht stimmt und eigene Fehler einzugestehen oder Schwächen zuzugeben, ist nichts was allgemein zu vielen ” Freunden ” verhilft. Um das zu akzeptieren braucht es aber eine gewisse Selbsreflektion.
    Also ehrlich mit sich selbst und anderen zu sein ist ein Weg der innere Stärke verlangt und sicherlich auch in frühen kindheitstagen seine Wurzeln hat.
    Vielen Dank für deine immer wieder anregenden Gedanken und bleibt gesund!
    Christine

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