Spüre ich mich noch oder hat mein Panzer gewonnen

In vielen Coachings fällt es mir auf, vor allem dann, wenn es um Partnerschaft und Gefühle geht – eine gewisse Körperferne meiner Kunden. Vulgo: Sie spüren sich nicht mehr richtig, sind sehr verkopft, abgepanzert und bekommen die Empfindungen und Körpersensationen nicht mehr so richtig mit, die halsabwärts jede Sekunde passieren. Diese Kunden sind nicht oder nur sehr schwer in der Lage, sich und ihre Empfindungen zu spüren. Ich spreche jetzt nicht von einem generellen Körpergefühl, wie das sehr sportliche Menschen haben – sondern von den eher zarteren und leiseren Emotionen, die wir auch so in uns haben und öfters überhören: Kopf übertönt Bauchhirn. Auf Fragen nach dem nach dem Bauchgefühl kommt dann ein Schulterzucken – da ist nichts. Aber – so meine Hypothese – da war mal etwas. Weil Kinder mit vollem Empfindungsumfang auf die Welt kommen.

Körperferne kann anerzogen werden

Genauso, wie durch Initiation bei Naturvölkern Schmerz, Angst und Gefühle abgewöhnt wurden, genauso kann auch durch Erziehung Körperferne entstehen. Meistens dann, wenn es für die heranwachsenden Kinder besser ist, das, was der eigene Körper rückmeldet, nicht zu spüren, weil es zu schmerzhaft ist. Dann werden diese Empfindungen lieber weggepackt, man versucht sich über Kopf und Gedanken zu regulieren, nur um die etwas leiseren Signale meines Körpers nicht spüren zu müssen. Erkennen Sie sich ein bißchen wieder?

Als Kinder orientieren wir uns an unseren Eltern. Deshalb werden die Eltern auch damit zu tun haben, z.B. weil sie mit Traurigkeit, mit Gefühlen generell und manchmal auch nicht mit Freude zurecht kamen. Weil sie damit nicht umgehen konnten. Und da Kinder schlau sind, haben sie es sich dann abgewöhnt. Weil Kinder ja ihre Eltern glücklich sehen wollen, weil Kinder wollen, dass es ihren Eltern gut geht – damit es auch ihnen selbst gut gehen kann.

Das führt dann irgendwann in eine Reduziertheit des eigenen Erlebens. Die gesamte eigene Bandbreite des Empfindens kann nicht mehr abgerufen werden. Die Empathiefähigkeit sinkt und auch das Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse wird immer schwieriger.

Der Weg zurück: Geht langsamer, als viele sich das wünschen. Der erste Schritt ist die Bewusstheit, dass man an dem Punkt steht, an dem man eben gerade steht. Der zweite Schritt ist das Entwickeln von Achtsamkeit, um sich langsam wieder an sich zu gewöhnen. Ohne Leistungsdruck. Und der dritte Schritt – sich unbedingt begleiten lassen.

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